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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Samstag, 23. April 2005

Fessenheim: Protest gegen Atomkraftwerk
Sternmarsch: Umweltschützer und Politiker aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz wollen heute (Samstag) auf beiden Seiten des Rheins gegen das elsässische Atomkraftwerk Fessenheim demonstrieren.
Zu Kundgebungen in Fessenheim und Breisach sowie zu einem grenzüberschreitenden Sternmarsch werden nach Angaben der Veranstalter bis zu 2000 Teilnehmer erwartet.
Aufgerufen zu den Protesten haben zahlreiche Bürgerinitiativen, Parteien und Umweltgruppen aus den drei Ländern.
Die Veranstalter fordern, dass das 1977 ans Netz gegangene Atomkraftwerk an der deutsch-französischen Grenze abgeschaltet wird.
Der Reaktor steht nach zahlreichen Pannen in der Kritik. Fessenheim ist der älteste Atommeiler Frankreichs. (dpa) 


Viele Fragen bleiben unbeantwortet
Diskussion über Fessenheim

MÜLLHEIM (mps). Seit fast 30 Jahren ist das Atomkraftwerk Fessenheim in Betrieb. Seither beschäftigt viele Menschen in der Region die Frage, welchen Schutz es bei einem folgenschweren Störfall gibt. Zwar gibt es einen Katastrophenschutzplan - doch ist er ausreichend? Dieser Frage gingen Grünen-Landtagsabgeordneter Walter Witzel, Axel Mayer vom BUND und Markus Ragg vom Regierungspräsidium (RP) bei einer Infoveranstaltung der Müllheimer Grünen nach.
Naturgemäß gehen die Ansichten über den richtigen Umgang mit Fessenheim auseinander, wie auch die Auseinandersetzung im Kreistag anlässlich der Verabschiedung einer Resolution zu dem pannenträchtigen Atommeiler zeigt. Dabei gibt es laut Aussage des Bund-Regionalgeschäftsführers Axel Mayer genügend beunruhigende Gründe, eine unverzügliche Stilllegung zu fordern: Neben den grundsätzlichen Gefahren, die von der Gewinnung der Atomenergie ausgingen, verschärften der Standort im erdbebengefährdeten Oberrheingraben, ein Konstruktionsfehler, der die Notkühlung verhindere, aber auch Risse und Versprödungen die Möglichkeit eines folgenschweren Unfalls.
"Informationsaustausch zwischen den Behörden funktioniert"
Die Hoffnung, der Katastrophenschutz werde es im Ernstfall schon richten und das Schlimmste von den Menschen abwenden, wurde bei dieser Diskussion schnell zerstreut. Da half es Markus Ragg, dem Vertreter des Regierungspräsidiums, nicht, auf die Erfüllung sämtlicher Auflagen im Rahmen des Katastrophenschutzes und den eng gesteckten Rahmen der bundesdeutschen Strahlenschutzkommission zu verweisen. Es bestünden beste Informationswege zwischen den zuständigen deutschen und französischen Behörden, sagte er, es gebe auch ein umfangreiches Netz an Messstationen und einen regen Informationsaustausch zwischen Betreiber, Präfektur und Regierungspräsidium.
Deutlich wurde, dass das Regierungspräsidium zwar zwar für den Katastrophenschutz zuständig ist, die Durchführung sämtlicher konkreter Maßnahmen - angefangen von der Warnung nach einem Störfall über die Versorgung und Evakuierung der Bevölkerung - jedoch den Landkreisen und Kommunen obliegt.
"Bei Gemeindeverwaltungen konsequent nachhaken"
Das allerdings scheint sich nicht bei allen Rathäusern herumgesprochen zu haben, wie die Frage einer Kindergärtnerin aus Heitersheim verdeutlichte. Sie bekam die Auskunft, dass man dort weder etwas von einer Notfallschutz-Broschüre noch von einem Katastrophenschutzplan wisse. Am Ende wurde sie wieder an das Regierungspräsidium zurückgewiesen. Auch der von der Strahlenschutzkommission festgeschriebene Radius um das Atomkraftwerk, aus dem die Menschen im Ernstfall evakuiert werden sollen, sei viel zu klein, kritisierte Axel Mayer und verwies auf ein Gutachten des Öko-Instituts, das eine Evakuierung in einer Distanz bis zu 370 Kilometern empfehle. "Tschernobyl zeigte, dass sogar diese Distanz zu gering wäre", sagte Mayer. Wie eine solche Evakuierung ablaufen soll, darüber schwieg sich der RP-Vertreter aus und verwies auf die Zuständigkeit der Kommunen. Ob in den Gemeinden entsprechende Pläne vorliegen, wussten weder der Landtagsabgeordnete noch der Vertreter der Landesbehörde zu beantworten. Witzel forderte die Zuhörer auf, konsequent bei den Gemeindeverwaltungen nachzuhaken und die Erarbeitung und Umsetzung der Katastrophenschutzpläne einzufordern.

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