Aktuell

Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Donnerstag, 29. Juni 2006


Keine Mehrheit für Beitritt zum Tras
Gemeinderat befürwortet auf Vorschlag von Bürgermeister Jehle einhellig Mitgliedschaft in der Überwachungskommission “CLS”



Bildunterschrift:

Das AKW Fessenheim von oben

(FOTO: GOOGLE-MAPS)

Von unserem Mitarbeiter Manfred Lange

MÜNSTERTAL. In einem waren sich Gemeindeverwaltung und Gemeinderat Münstertal in der jüngsten öffentlichen Ratssitzung einig: Die Sorgen und Ängste der Bevölkerung gegenüber dem Atomkraftwerk (AKW) Fessenheim müssen Ernst genommen werden. Unterschiedliche Meinungen gab es dagegen, welcher Weg beschritten werden soll, um den höchstmöglichen Sicherheitsstandard der Anlage zu gewährleisten, beziehungsweise um die Betreiber zur Stilllegung des AKW zu bewegen.
Anlass für eine ausführliche und sachliche Aussprache war ein Antrag der SPD-Fraktion für einen Beitritt der Gemeinde Münstertal zum “Trinationalen Atom-Schutzverband der Bevölkerung um das AKW Fessenheim” (Tras).
Tras ist ein grenzüberschreitendes Bündnis im Dreiländereck, das am 17. Juni 2005 in Basel von Vertretern aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland gegründet wurde mit dem Ziel, trinationale Probleme in der Regio gemeinsam zu lösen. Dabei richtet sich Tras nicht gegen den französischen Nachbarn, sondern ausschließlich gegen die atomare Bedrohung der Bevölkerung am Oberrhein. Inzwischen sind bereits ein Dutzend Schweizer Gemeinden sowie die deutschen Städte und Gemeinden Denzlingen, Ihringen, Oberried, Sasbach, Schallstadt, St. Peter, Weisweil und Freiburg dem Tras als Mitglied beigetreten.
Der bescheidene Mitgliedsbeitrag von sieben Cent pro Einwohner (für die Gemeinde Münstertal also zirka 350 Euro) war sicherlich nicht der ausschlaggebende Grund, dass sich sowohl Bürgermeister Jehle als auch mehrere Gemeinderäte gegen einen Beitritt zum Tras aussprachen. Jehle betrachtet es als “nicht angebracht und wenig Erfolg versprechend, einen juristischen Konfrontationskurs gegen die französischen Nachbarn” zu beschreiten, zumal es offensichtlich sei, dass mit gerichtlichen Klagen eine Abschaltung des AKW Fessenheim nicht zu erreichen sei. Auch der für die Reaktorsicherheit zuständige Bundesumweltminister Gabriel habe mitgeteilt, dass er für die Anlage in Fessenheim keine Sicherheitsmängel sehe, die zur Besorgnis in der Bevölkerung führen könnten. Sinngemäß gleich lautend habe sich auch schon der frühere Umweltminister Trittin geäußert. Diese Haltung der Umweltminister bezeichnete Jehle als “nicht akzeptabel”, weshalb er bereits mit Schreiben vom 14. Juni 2006 sich direkt an Minister Gabriel gewendet und sich besorgt geäußert habe über die Sicherheitslage des ältesten französischen AKW in Fessenheim. Häufige Störfälle und technische Defekte in den vergangenen Monaten und Jahren ließen erhebliche Sicherheitsmängel vermuten. Von der Bundesregierung erwartet die Bevölkerung am Oberrhein einen aktuellen Sicherheitsvergleich zwischen dem französischen AKW Fessenheim und einem deutschen Kernkraftwerk sowie diplomatische Schritte beim nächsten deutsch-französischen Gipfel, bei dem das Thema Sicherheit des AKW Fessenheim auf die Tagesordnung gesetzt werden müsse, schreibt Jehle an den Umweltminister.
Dieser plädierte — entgegen dem SPD-Antrag — für einen Beitritt der Gemeinde Münstertal zur “Commission Lokal Surveillance” (CLS), der so genannten “Überwachungskommission” mit Sitz in Colmar. Diese Institution stelle eine vertrauensbildende lokale Plattform dar, die mit den Kraftwerksbetreibern in steter Kommunikation stehe, sagte der Bürgermeister. Dass die Ratsmitglieder aller drei Fraktionen die Diskussion sehr ernst nahmen, beweist die Tatsache, dass einhellig über den Beitrittsantrag der SPD-Fraktion zum Tras namentlich abgestimmt wurde. Mit der knappen Mehrheit von 7 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung wurde der Beitritt der Gemeinde abgelehnt. Einstimmigkeit bestand bei dem Verwaltungsvorschlag von Bürgermeister Jehle, die Mitgliedschaft der Gemeinde Münstertal bei der Überwachsungskommission in Colmar anzustreben.

 © 2006 Badische Zeitung