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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Donnerstag, 24. August 2006


Von einem AKW-Standort Heitersheim kann keine Rede sein
Der christdemokratische Europa-Abgeordnete Andreas Schwab kann sich nicht erklären, wie SPD-Staatssekretärin Marion Caspers-Merk zu ihrer Auflistung kommt



Bildunterschrift
Gut beschirmt, aber keineswegs überspannt, genoss der EU-Abgeordnete Andreas Schwab (rechts) seine Sommertour in Heitersheim. Im Gespräch mit Bürgermeister Ehret wurden aber durchaus auch ernste Fragen angeschnitten. (FOTO: SABINE MODEL)

HEITERSHEIM (mod). "Ich weiß nicht wovon Marion Caspers-Merk träumt", stellte der christdemokratische Europa-Abgeordnete Dr. Andreas Schwab auf seiner Sommertour in Heitersheim fest, "aber einen AKW-Standort Heitersheim wird es nicht geben. Eine solche Behauptung entbehrt jeder Grundlage. Das ist Sommertheater." Mit dieser Einschätzung entkräftete er Irritationen, für die jüngst Aussagen der Bundestagsabgeordneten gesorgt hatten. Dem CDU-Stadtverband unter Vorsitz von Ulrike Pigulowski, der den Abgeordneten zum Frühstück in die "Villa urbana" eingeladen hatte, brannte die Frage dennoch unter den Nägeln. Zumal auch Bürgermeister Jürgen Ehret von der Tatsache überrascht wurde, Heitersheim als einen von 60 AKW-Standorten in der Studie einer Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages gelistet zu sehen. Weder sei das wesentliche Kriterium der Kühlwasserversorgung erfüllt, noch gebe der Flächennutzungsplan ein solches Projekt jemals her.
Der EU-Abgeordnete hatte deshalb recherchiert, wie es zu der Standortbestimmung für Kernkraftwerke unter dem Arbeitstitel "Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und Liberalisierung" auf sich habe. Das Büro jedenfalls, das 2002 das Szenario für einen fossil-nuklearen Energiemix erarbeitete, hatte die Standorte nicht benannt. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass man sich eines alten generellen Kraftwerk-Standortplanes bediente, den in den 70er Jahren jedes Bundesland für alle Kraftwerksarten erstellen musste. Da 1974 gerade das Kaliwerk Buggingen aufgelöst war, wurde für Heitersheim ein Nachfolgebetrieb gesucht. Somit stand die Malteserstadt damals möglicherweise als Kohlekraftwerk-Standort zur Debatte. Die gesamten Kraftwerkspläne wurden jedoch bereits 1987 durch einen Kabinettsbeschluss samt und sonders aufgehoben. Dagegen stehe im Übrigen auch der Atomkonsens der Bundesregierung, keine neuen Kernkraftwerke mehr zu bauen und stattdessen die Laufzeit der bestehenden zu verlängern, so Schwab.
Er setze da nicht auf "ein paar Spargel" im Schwarzwald, sondern auf nachhaltige europäische energiepolitische Lösungen, wie einen Offshore-Windpark in der Irischen See, wo vier Standorte die ganze Insel mit Strom versorgen könnten, erklärte Schwab. Sonnenenergie sei ihm noch nicht effizient genug und zu hoch subventioniert. Dennoch dürfe man sich von den arabischen Staaten und Russland nicht abhängig machen. Der Bundestagsabgeordneten Caspers-Merk riet Schwab, eher über steigende Energiepreise als über die Unsicherheit von Fessenheim beunruhigt zu sein. Die rot-grünen Atomausstiegsabsichten hätten ohnehin schon atmosphärische Störungen in die deutsch-französischen Atomgespräche gebracht. Auch die TRAS-Initiative mit Klagedrohungen sei einer Harmonisierung nicht dienlich.
"Wir müssen miteinander reden. Abstellen macht keinen Sinn, weil es noch keine Alternativen gibt." Trotz fehlender europäischer Standards für AKWs, dürfe man den Franzosen glauben, dass Fessenheim den aktuellen französischen Sicherheitsanforderungen entspreche. "Die Franzosen wollen sich schließlich auch nicht selber gefährden." Ehret bestand dennoch auf einem Sicherheitsvergleich, da gehäufte Störfälle die Bürger verunsichern. Die Erklärung vom Minister Sigmar Gabriel beruhige ihn nicht, dass Fessenheim — obwohl Erdbebensicherheit und Schutz gegen Flugzeugabstürze wie bei allen älteren KKWs nicht gegeben sind — zwar Schwächen habe, dies aber angeblich nicht bedeute, "dass dadurch Sicherheitsmängel bestehen, die eine Gefahr für die Bevölkerung der Grenzregion darstellen." Dieser Widerspruch zur Position von Marion Caspers-Merk sollte aufgeklärt werden, forderte er.

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