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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Donnerstag, 14. September 2006


Sie half den Grünen auf die Beine
Trauer um Solange Fernex



Bildunterschrift
Solange Fernex (FOTO: THIERRY GACHON)

Von unserem Redakteur Michael Neubauer

FREIBURG. Noch heute erzählen sich elsässische Umweltschützer Geschichten über sie. Wie sie sich in den 70er-Jahren beim Kampf gegen den Bau des Atomkraftwerks in Wyhl einem Bagger entgegenstellte und sich an der Schaufel festhielt. Der genervte Baggerführer zog sie hoch, rüttelte und rüttelte, Solange Fernex konnte sich nicht mehr halten und fiel — ein Umweltaktivist fing sie auf. Oder wie sie sich im Februar 1977 im elsässischen Roggenhouse an einem dreiwöchigen Hungerstreik beteiligte. Die Gruppe demonstrierte dagegen, dass das neue AKW Fessenheim ans Netz ging — und trank nur noch ungezuckerten Tee. Solche Aktionen sorgten damals für Aufsehen im atomfreudigen Frankreich. Fernex und die Umweltaktivisten erreichten, dass eine unabhängige Kontrollkommission des Kernkraftwerks in Fessenheim eingerichtet wurde — eine Premiere.
Solange Fernex hatte den Mut, den Pioniere brauchen. Sie war grün, als Frankreich diese Farbe mit allem in Verbindung brachte, nur nicht mit einer Partei. Fernex, die in Biederthal im Sundgau lebte, ist eine Ikone der französischen Umwelt-, Antikernkraft- und Friedensbewegung. Sie half den französischen Grünen auf die Beine. Mit dem Politiker Antoine Waechter gründete sie 1979 die erste Ökologie-Partei Europas, "Ökologie und Überleben". 1984, als die französischen Grünen (Les Verts) das Tageslicht erblickten, mischte auch sie mit. Das tat sie selten aufdringlich, sondern freundlich, still und kontinuierlich im Hintergrund.
Ihr Einsatz für die Umwelt und gegen die Atomkraft endete nie an der Grenze. Die badisch-elsässischen-schweizerischen Bürgerinitiativen haben ihr viel zu verdanken. Kein Wunder, dass Fernex in der Europapolitik landete: An der Spitze der Liste der Grünen wurde die Mutter von vier Kindern bei den Wahlen im Jahr 1989 in das Europaparlament gewählt. Immer wieder erhielt sie für ihr Engagement Preise — etwa 2001 für ihren Einsatz für nukleare Abrüstung. In den vergangenen Jahren war es ein wenig still um sie geworden. Sie kämpfte gegen eine Krebserkrankung. Solange Fernex starb am vergangenen Montag im Alter von 71 Jahren.

 © 2006 Badische Zeitung