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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Mittwoch, 8. November 2006


Ein Oldtimer soll vom Netz
Mehrheit des Bahlinger Gemeinderates stimmt für den Beitritt zum Atomschutzverband Tras


Bildunterschrift
Eine effiziente Nutzung von Energie kann den Verbrauch deutlich reduzieren.
(FOTO: SIEGFRIED GOLLRAD)

Von unserem Mitarbeiter Markus Zimmermann-Dürkop

BAHLINGEN. Für die Mehrheit des Gemeinderats steht fest: Fessenheim muss abgeschaltet werden, regenerativen Energien ist ein Vorrang einzuräumen und das Thema Energieeffizienz muss eine noch größere Rolle spielen. Mit großer Mehrheit wurden am Montagabend der Beitritt der Gemeinde zum trinationalen Atomschutzverband (Tras) und die Beteiligung an der strategischen Partnerschaft zur Förderung regenerativer Energien und effizienter Energienutzung in der Region Südlicher Oberrhein beschlossen.
"Das Atomkraftwerk in Fessenheim ist mittlerweile ein Oldtimer, der seit 30 Jahren nicht gut gewartet wurde", sagte Bürgermeister Harald Lotis. Grund genug, auf Anregung der Bahlinger BUND-Ortsgruppe den Beitritt zu Tras im Gemeinderat anzuregen und mit einem Beitritt dem Beispiel zahlreicher Gemeinden der Region zu folgen. "Ich will hier nicht die Diskussion Atomkraft Pro und Contra führen", betonte Lotis klar, dass seine Motivation, sich gegen den Weiterbetrieb des seit 30 Jahren betriebenen Atommeilers auszusprechen, konkret mit diesem in Zusammenhang stehe. "Selbst nach französischen Gesetzen hat das Atomkraftwerk Fessenheim für Teilbereiche keine Betriebsgenehmigung", berief sich Lotis auf eine Informationsveranstaltung, an der auch Albert Mießmer (FAB) teilgenommen hatte. "Ungenehmigt ist beispielsweise die Entnahme und Rückführung von Wasser", so der Gemeinderat.
Insbesondere hinsichtlich der Erdbebensicherheit sieht Lotis größte Bedenken gegen eine Betriebsgenehmigungsverlängerung über das bisher Ende 2007 hinaus. "Aus Sorge sei die Sicherheit der Bahlinger Bevölkerung werde deshalb die Abschaltung des Atomkraftwerks gefordert", so ein Beschlussvorschlag, dem bis auf CDU-Rat Hilmar Reith alle Gemeinderäte folgten. Reith sprach sich als Einziger auch gegen den Beitritt zum Atomschutzverband Tras aus, der auf dem Rechtsweg alle Mittel und Wege ausschöpfen will, um die Stilllegung zu erreichen und den Bau eines neuen Reaktors an dieser Stelle zu verhindern.
Reith (CDU). "Beleidigende Unterstellung gegen die Nachbarn"
Seinen Ratskollegen folgen konnte er jedoch bei der Forderung, dass die Kommunen des Landkreises Emmendingen in der lokalen Überwachungskommission für das Atomkraftwerk (CLS) mitarbeiten. Seine abweichende Meinung begründete Hilmar Reith (CDU) nicht nur mit einem Vertrauen in die Atomtechnik, sondern auch mit Vertrauen in die französischen Behörden. In der Forderung der Stilllegung sieht er dagegen eine "beleidigende Unterstellung gegenüber den Nachbarn, dass die unverantwortlich und rücksichtslos handeln". "Das bisherige Schöngerede der Politik hat wenig weiter gebracht", befürwortete Volker Adler (FAB) den Tras-Beitritt. Es müsse mit Kraft und Macht die Verlängerung der Betriebsgenehmigung verhindert werden. Frank Stöber (SPD) sieht im Weg von Tras keine Militanz. Es sei wichtig, in der Frage der Sicherheit von Fessenheim mitzuarbeiten und mit zu prüfen. Der Tras-Beitritt kostet die Gemeinde jährlich sieben Cent pro Einwohner, was sich aktuell auf 269,50 Euro im Jahr summiert.
Parallel zur Forderung der Abschaltung von Fessenheim sieht der Gemeinderat seinen Entschluss, an der Partnerschaft zur Förderung regenerativer Energien und einer effizienten Energienutzung in der Region. Durch Anstrengungen zur Einsparung des Verbrauchs und Steigerung der Energieerzeugung aus regenerativen Quellen könnte der Bedarf an fossiler Energie in der Regio um annähernd 40 Prozent reduziert werden. Die Sinnhaftigkeit solcher Bemühungen sahen die Gemeinderäte übereinstimmend. Wichtig sei jedoch, auch und vor allem die eigenen Hausaufgaben zu machen und verstärkt auf die kommunalen Gebäude in Bahlingen zu achten. "Wir haben in Bahlingen mit einer relativen Nähe von Rathaus, Schule und Kindergarten gute Voraussetzungen, eventuell eine gemeinsame Lösung zu finden", stellte Harald Lotis in den Raum. "Bei allen Maßnahmen", so Gerhard Adler, "geht es nicht darum, Geld zu sparen, sondern vor allem die gravierenden Folgen zu verhindern".

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