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Fessenheim

Badische Zeitung vom Mittwoch, 28. März 2007

Im Rathaus soll Öko-Strom fließen
Ein Antrag von Joseph Hugelmann und eine Debatte: Wie viel umweltfreundliche Energie soll’s sein und wie viel darf das kosten?

Bildunterschrift

Auf die Kraft der Sonne setzt man im Rathaus mit mehreren Photovoltaik-Projekten. Ob diese umweltfreundliche Melodie auch angestimmt wird, wenn es um den Stromlieferanten geht, ist noch unklar.

(FOTO: BOMANS)

Von unserem Redakteur Peter Bomans

FRIESENHEIM. Die Gemeinde könnte ein Vorreiter in Sachen Öko-Strom werden. Es soll nur Strom von Erzeugern bezogen werden, die auf regenerative Energien und Kraft-Wärme-Kopplung setzen. Im Rathaus wird nun geprüft, wie eine solche Ausschreibung aussehen müsste. Das könnte nämlich kompliziert werden - und etwas teurer.

Es geht um jene knapp zwei Millionen Kilowattstunden, die in den Einrichtungen der Gemeinde und für die Straßenbeleuchtung benötigt werden. Die Lieferverträge mit dem E-Werk Mittelbaden sind ausgelaufen. Wegen der Auftragssumme von rund 150 000 Euro ist eine EU-weite Ausschreibung erforderlich.

Eine solche Ausschreibung ist ein bürokratischer Kraftakt. Deshalb empfiehlt die Gemeindeverwaltung Friesenheim in einer Beschlussvorlage an die Räte, sich an einer so genannten Bündelungsausschreibung zu beteiligen. Die "Gt-service Dienstleistungsgesellschaft mbH" bietet solche Bündelungsausschreibungen an. Darin werden die Bestellungen mehrerer Gemeinden gesammelt, der bürokratische Aufwand wird für den Einzelnen reduziert.

Hugelmann (GLU): Kein Strom von maroden Atomkraftwerken

Seelbach ist kürzlich diesen Weg gegangen und Friesenheim wäre diesem Beispiel gefolgt, hätte nicht Joseph Hugelmann (GLU) seinen Antrag gestellt: Wer sich, wie die Gemeinde Friesenheim, lobenswerterweise für Photovoltaik engagiere, sollte nicht über eine Bündelungsausschreibung Atomstrom "vom maroden Atomkraftwerk Fessenheim" beziehen. Deshalb, so sein Vorschlag, sollte nur "sauberer Strom" geordert werden. Den Vorschlag, lediglich einen bestimmten Prozentsatz gewünschten Öko-Stroms anzugeben, bezeichnete Hugelmann als "nicht konsequent".

Karl Silberer (CDU) plädierte für eine 50:50-Mischung und bezeichnete einen hundertprozentigen Bezug von Öko-Strom als illusorisch, auch wegen der Kosten. Hugelmann hatte hingegen behauptet, Öko-Strom sei preisgünstiger als konventioneller.

Wie sich in der Diskussion abzeichnete, ließe sich Hugelmanns Forderung nach einer Beschränkung auf Öko-Anbieter nicht mit einer Bündelungsausschreibung. Diese würde 1500 Euro kosten. Wie hoch die Kosten für eine eigene Ausschreibung der Gemeinde Friesenheim wären und welche formalen Voraussetzungen erfüllt werden müsste, will Bürgermeister Armin Roesner über den Gemeinderat klären. Kürzlich hatte die Gemeinde Schwanau (6800 Einwohner) die Kosten für sich auf 9000 Euro ermittelt. Roesner setzte den Punkt von der Tagesordnung ab. Er äußerte sein Erstaunen, dass während einer nicht-öffentlichen Vorberatung des Themas von einem Antrag noch keine Rede gewesen sei. Im Mai wird sich der Gemeinderat erneut mit dem Thema befassen.

Friesenheim als umweltpolitisches Vorbild und der Blick auf die Kasse

Wenn die Formalien geklärt sind, stellt sich die politische Frage, ob sich die Gemeinde tatsächlich für Öko-Strom engagieren will. "Wenn wir ökologisch Vorbild sein wollen, müssen wir vom wirtschaftlichen Aspekt Abschied nehmen." sagte Fred Kletzin (SPD). Sein Fraktionskollege Hans Lögler griff die globale Diskussion um den Klimawandel auf: "Ich halte die Diskussion im Gemeinderat für notwendig und wichtig", sagte er. Vielleicht ließen sich Mitstreiter in anderen Gemeinden finden. Friesenheim könnte eine "Vorbildfunktion" übernehmen und klar formulieren, welchen Strom sie will. "Ich weiß nicht, was daran rechtlich bedenklich sein soll", meinte er, und gab damit zu bedenken, dass möglicherweise Ausschreibungsrichtlinien verletzt werden könnten. Franz Lögler (CDU) warnte vor zu viel Enthusiasmus und griff die Kosten für eine eigene Ausschreibung auf: "Wir dürfen das Geld nicht aus den Augen verlieren."

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