Kanalisation - Presseartikel

Badische Zeitung vom Dienstag, 2. Dezember 2003

Bürger haben Nase gestrichen voll
In Niederrimsingen kämpft eine Initiative gegen Gestank im Ort, den eine aus Merdingen kommende Abwasserleitung verursacht

Von unserem Mitarbeiter Thomas Rhenisch

In der Kläranlage des Abwasserzweckverbandes Staufener Bucht in Grezhausen wird das Abwasser aus Merdingen aufbereitet. Auf dem langen Weg nach Grezhausen verursacht es jedoch in Niederrimsingen einen üblen Gestank.

FOTO: ALEXANDER GÖBEL

BREISACH-NIEDERRIMSINGEN/ MERDINGEN. Seitdem die Gemeinde Merdingen im Juli 2002 an das Kanalnetz des Abwasserzweckverbandes Staufener Bucht angeschlossen wurde, riecht es in Niederrimsingen von Zeit zu Zeit ganz unfein nach faulen Eiern und Chemieklo. Geruchsempfindliche Naturen sagen gar, es stinke zum Himmel, dass es kaum noch auszuhalten sei. Auf jeden Fall haben einige der betroffenen Bürger mittlerweile die Nase gestrichen voll.
Den Beteuerungen der Verantwortlichen auf eine rasche Beseitigung der Geruchsbelästigungen schenken sie keinen Glauben mehr. Von einer eklatanten Fehlplanung ist die Rede. Aus diesem Grund wurde im Juli die Bürgerinitiative Abwasserkanal (BIAK) Niederrimsingen ins Leben gerufen. Mit Nachdruck fordern deren Mitglieder jetzt eine tatsächliche und dauerhafte Lösung des Geruchsproblems.
Was nach ihrer Auffassung unter einer solchen Lösung zu verstehen ist, erläutert die Sprecherin der Bürgerinitiative, Sylvia Weber: Entweder das Merdinger Abwasser wird in einem neu zu bauenden Kanal an Nieder- und Oberrimsingen vorbeigeführt, bevor es in den Verbandssammler geleitet wird oder aber Merdingen muss vom Verbandsnetz und damit von der Kläranlage in Grezhausen wieder abgehängt werden. Alles andere sei Flickschusterei. Bislang konnte die Initiative in Niederrimsingen rund 200 Unterschriften von Bürgern sammeln, die dieses Anliegen unterstützen.
Ein Rückblick: Bis Juli 2002 wurde das Merdinger Abwasser in einer eigenen Anlage geklärt. Da diese jedoch hoffnungslos veraltet war und den Anforderungen einer modernen Abwasserbehandlung nicht mehr genügte, wurde im Jahr 2000 beschlossen, dass Merdingen dem Abwasserzweckverband Staufener Bucht beitritt und sein Schmutzwasser bei Niederrimsingen in das bestehende Verbandsnetz einspeist. Von dort aus wird es weiter zur Verbandskläranlage in Grezhausen gepumpt. Bereits damals wurden Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Verbandsnetzes geäußert. Auch wurden Befürchtungen hinsichtlich möglicher Geruchsbelästigungen laut. Doch diese Bedenken wurden seitens der Verbandsgeschäftsführung als unbegründet zurückgewiesen.
Nur ein paar Tage nachdem der neue Kanal aus Merdingen an den bestehenden Verbandssammler angeschlossen war, traten jedoch im Juli 2002 schon zum ersten Mal Probleme an der Hauptleitung in Niederrimsingen auf. Damals hatte eine lose Rohrmanschette zu einem Rückstau geführt, der den Pegel im örtlichen Kanalnetz ansteigen ließ. Einige Kellerwohnungen in der Gündlinger und in der Blumenstraße wurden regelrecht überflutet, heißt es in einem Schreiben der Bürgerinitiative. Hinzu kam ein unangenehmer Geruch nach Faulgas, der sich über das Dorf legte. Seither brechen die Klagen über Geruchsbelästigungen nicht mehr ab.
Außerdem gab es bei mehreren starken Regenfällen im Niederrimsinger Kanalnetz neuerliche Rückstaus, die wieder Keller zu überschwemmen drohten. Für die Mitglieder der Bürgerinitiative ist klar, dass die Probleme durch das zusätzliche Abwasser aus Merdingen hervorgerufen wurden. "Bis zum Anschluss Merdingens war die Kanalisation in Niederrimsingen nie ein Thema gewesen", sagt zum Beispiel Bettina Gippert. "Wir können uns kaum noch auf dem Balkon aufhalten, so stinkt es hier", fügt sie hinzu.
Einbuße an Wohnqualität 
Sylvia Weber beklagt in diesem Zusammenhang eine beträchtliche Einbuße an Wohnqualität. Angesichts der ständigen Rückstaugefahr traue man sich kaum noch in Urlaub zu fahren. An dieser Situation hätten auch die bisherigen Lösungsversuche nichts oder nur wenig geändert. So sollte beispielsweise die Beimengung von Eisenchlorid zum Merdinger Abwasser die Entstehung von Faulgasen in der Druckleitung unterbinden - mit dem Erfolg, dass es statt nach faulen Eiern jetzt eben des öfteren wie im Chemieklo rieche. Und auch von der neuerdings geplanten Verlegung der Anschlussstelle des Merdinger Kanals um einige Meter nach Süden verspricht sich die BIAK nur wenig.
Dem Abwasserzweckverband werfen die Gründer der Bürgerinitiative eine unzureichende Informationspolitik vor. So seien die betroffenen Bürger immer wieder vertröstet und hingehalten worden. Auskünfte über tatsächlich anfallende Abwassermengen, über das Vorhandensein von Rückhaltebecken oder von Kontrollsystemen seien oftmals widersprüchlich gewesen. Immerhin habe man das Gefühl, dass die Anliegen der betroffenen Bürger von der Stadt Breisach mittlerweile ernst genommen werden.
Heute, Dienstag, beschäftigt sich die Verbandsversammlung des Abwasserzweckverbandes Staufener Bucht mit dem heiklen Thema und versucht, eine Lösung zu finden.

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