Baggersee

Gedicht

Aktuell   

1
In Rimsingen am Baggersee
tun manchem Mann die Augen weh;
denn hier liegt rum mit nackter Haut,
was kaum zuhause er erschaut.
Am Waldrand steht so mancher Mann
und schaut sich diese Schande an.
Er ist verwirrt und weiß nicht recht:
Ist das erlaubt nun oder schlecht?
Die Weisungen von oben sind
so wechselhaft, als wie der Wind.
Kaum sind Verordnungen in Kraft,
werden sie wieder abgeschafft.
Wie weiß ich, fragt sich mancher Christ,
ob's recht oder verboten ist?
3
Man kann das kurz zusammenfassen:
Leben und auch leben lassen!
Das, worauf wir verächtlich schaun,
ist meist das, was wir uns nicht traun!

Und wenn das Gasthaus "Zum Gerüst"
neben der Tanne fertig ist,
dann bringen Nackte, groß und klein,
auch der Gemeinde etwas ein.

Vor Geld - bekannt ist's allemal -
da schweigt dann jegliche Moral.
2
Ein andrer denkt: So Bein an Bein,
das können doch nur Linke sein,
die gottlos, nackt und überall
so leben wie vorm Sündenfall.

Doch er kann ruhig schlafen gehn,
denn man kann dort ganz deutlich sehn:
Ein jeder - den wir rot erschaun
im Frühjahr - ist im Herbst stets braun.
Und Nacktheit, sehen wir sie kritisch,
die endet so am End politisch.

Ich mein, die in der Sonne braten,
das sind vorwiegend Demokraten.
Nicht jeder, der mal anders ist,
ist grundsätzlich ein Kommunist!
4
Die Gesellschaft in der wir leben,
in der wir stets nach "mehr noch" streben,
in der die Kleidung und der Wagen,
den ganzen Wert des Menschen tragen,
sollte auch einmal überlegen,
statt sich immer nur aufzuregen:
Nackt sind doch alle Menschen gleich!
Ob groß, ob klein, ob arm, ob reich...
Wie man ist zählt vorm Weltgericht;
Kleidung und Aussehen tun es nicht.

Ob nackt, ob angezogne Kinder,
hier nieder sind wir alle Sünder.
Zum guten Miteinanderleben
muss es vor allem Eines geben
(und das vergisst man manchmal ganz):
Ein ganz klein wenig Toleranz!

Uta Stiefvater, Helmut Redhaber - Niederrimsingen, in den 70-ger Jahren.