Baggersee

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Badische Zeitung vom Samstag, 24. September 2005

„Für mich ist das Schwimmen Medizin“
Käthe Stöss , 88 Jahre alt, zieht bei fast jedem Wetter ihre Bahnen im Gifizsee

Bildunterschrift

In ihrem Element: Käthe Stöss, 88, im Gifizsee. 

FOTO: PETER HECK

OFFENBURG. Wenn Käthe Stöss ihre Wohnung in der Lonsstrasse mit der kleinen blauen Badetasche verlässt, wissen ihre Nachbarn ganz genau: Jetzt geht die 88-jährige Dame wieder schwimmen. Alle kennen dort die Vorliebe der rüstigen Senioren aus der betreuten Wohnanlage. 90 Mal war Käthe Stöss in diesem Jahr bereits im Gifizsee, um ihre Runden zu drehen. Fast täglich – wenn es nicht gerade „Katzen hagelt“. „Was – um diese Jahreszeit noch schwimmen?“, wurde Käthe Stöss mit verständnislosen Blicken in dieser Woche gefragt. Aber davon lässt sich die alte Dame nicht abhalten. „Das schöne Wetter muss man doch ausnutzen“, sagt sie bestimmt.

Ohne Probleme steigt sie aus dem kühlen Wasser und geht über den Steg ans Ufer. Sie schätzt die Wassertemperatur auf rund 19 Grad. Ob es das fast tägliche Schwimmen ist, was sie so jung und vital aussehen lässt? „Für mich ist Schwimmen Medizin“, antwortet sie bestimmt. Die Besucher kann man an diesem Nachmittag im Gifiz-Strandbad an einer Hand abzählen. Und das Personal hat sich bereits auf das Saisonende eingestellt. Das Kassenhäuschen ist schon nicht mehr besetzt. Kassiererin Gabriele Windisch sonnt sich hinter der geschützt Hauswand. „Spätestens am Wochenende schließen wir das Strandbad“, weiß die Lebensgefährtin von Strandbadbetreiber Klaus Schwarze.

Der Fanclub des Gifizbades, eine kleine eingeschworene Gruppe, darunter auch Peter Engelhard, nutzt aber noch jeden Tag bis dahin. „Wenn hier geschlossen wird, schwimmen wir im Ortenberger Baggersee weiter“, sagt Engelhard. „Im vergangenen Jahr waren wir am 5. Oktober das letzte Mal schwimmen“, erinnert sich Fritz Stöss, der 57-jährige Sohn von Käthe Stöss. Wann immer es seine Zeit zulässt, schwimmt er gemeinsam mit Mutter Käthe und mit dem ein oder anderen vom Fanclub. Anschließend wird gemeinsam mit der Mutter „Scrabble“ gespielt, den „Geist trainieren“.

„Ich habe nie Angst vor Wasser gehabt“, erklärt die freundliche Dame, die in Kehl aufgewachsen ist, ihre Vorliebe. Nebenbei hängt sie das große Badehandtuch über die Sprossen des unbesetzten Bademeisterhochstuhls zum Trocknen in die Sonne. Das Handtuch von Sohn Fritz hängt sie gleich mit auf.

Schon als Kind sei sie sehr oft im Rhein schwimmen gegangen, sagt Fritz. „Na ja – dieses eine Hobby zumindest haben mir meine Eltern gestattet“, fügt die Frau hinzu. Nur schöne Erinnerungen hat sie an diese sportliche Leidenschaft. Ihren geliebten Ehemann hat sie beim Schwimmen kennen gelernt. Viele Jahre sind sie dann gemeinsam geschwommen, bis er vor 20 Jahren verstarb. Die Augen der alten Dame leuchten, wenn sie von ihrem Mann erzählt. Studiendirektor am Schillergymnasium und leidenschaftlicher Amateurfunker sei er gewesen. Sogar König Hussein habe er schon am Funkgerät gehabt. 1938 haben sie geheiratet und zwei Söhne auf die Welt gebracht. „Mein Ältester war im Schwimmverein“, sagt Käthe Stöss auf die Frage, ob auch ihre Kinder das Hobby mit ihr teilten. „Ich bin nicht besonders gut“, fügt Sohn Fritz, der Jüngere, an und stellt sein Licht dabei gern unter den Scheffel. Mutter Käthe sieht es nämlich nicht so. Sei’s drum. Mutter und Sohn genießen jedenfalls die gemeinsamen Stunden im Strandbad. Schade nur, dass es am Wochenende schließt. 

Cornelia Weizenecker

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