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Badische Zeitung vom Freitag, 24. März 2006
“Als ob Aufmüpfige nur demonstrieren wollten”
Thema “Atomkraftwerk Fessenheim” im Sulzburger Gemeinderat / Gremium lehnt Beitritt zum Tras mehrheitlich ab
Von unserem Mitarbeiter Volker Münch
SULZBURG. Soll die Stadt Sulzburg im Kampf gegen das Atomkraftwerk (AKW) Fessenheim dem Trinationalen Atomschutzverband (Tras) beitreten, oder auf die politische Schiene der Verhandlungen setzen? Mit dieser Frage beschäftigte dich der Sulzburger Gemeinderat und erteilte nach lebhafter Diskussion mehrheitlich einem Beitritt eine Absage.
Das Thema war auf Antrag von Stadträtin Coralie Engler-Lehner auf die Tagesordnung genommen worden. Es war ein Thema, das aber auch die anderen Ratsmitglieder beschäftigte. “Wir sind alle nicht begeistert von dem Atomkraftwerk, das nur zwölf Kilometer entfernt steht”, fasste Bürgermeister Peter Wehrle die Ausgangssituation der Diskussion zusammen. Er gab jedoch zu bedenken, dass das AKW auf einem anderen Hoheitsgebiet steht und daher die Einflussmöglichkeiten begrenzt seien. Wehrle wandte sich gegen den Beitritt zu dem Verband. Er will “andere Wege, die zur Stilllegung führen, prüfen”. Der Rathauschef bezog sich auf eine Initiative der Markgräfler Bürgermeister und des Landtagsabgeordneten Gundolf Fleischer, die sich in verschiedenen Schreiben an den Bundesumweltminister gewandt hatten.
Dass ihm das Atomkraftwerk Fessenheim nicht geheuer ist, verdeutlichte Ratsmitglied Albert Konrad. Zwar habe der Leiter des AKW bei einem Ortstermin vor zwei Jahren viele Fragen beantwortet, “bei ganz kritischen Fragen berief er sich aber auf militärisches Geheimnis”, ärgerte sich Konrad.
“Die Tras wird so dargestellt, als ob Aufmüpfige nur demonstrieren wollten”, kritisierte Coralie Engler-Lehner die Haltung mancher Ratsmitglieder. Sie verstehe sowohl die Organisation als auch die Tätigkeit anders, erklärte die Stadträtin und verwies auf das Ziel des Tras, die Franzosen per Gericht dazu zu zwingen, ihre Karten offen zu legen und den Zustand des Atomkraftwerks umfassend darzustellen. Sollte die Stadt nicht Mitglied werden wollen, wäre wenigstens die Beteiligung an der Briefaktion der Gemeinden wünschenswert.
“Ziel muss es sein, dass ein Sicherheitsvergleich durch eine unabhängige Kommission stattfindet”, räumte Peter Wehrle der politischen Schiene Priorität ein. Was mache der Gemeinderat falsch, wenn er zweigleisig fahre, fragte Stadtrat Klaus Gehring. Erst einmal abwarten, welche Wirkung die Briefaktion hat, forderte Gernot
Marquart.
Für einen “Schrottreaktor” hielt Hildegunde Hakenjos das Fessenheimer Atomkraftwerk und verwies auf die großen Ängste in der Bevölkerung. “Wir können nicht genug tun, um das AKW wenigstens sicherer zu machen”, betonte die Stadträtin und verwies darauf, dass ein starker Verband etwas bewegen könne. Jedes Ratsmitglied könne als Einzelperson Mitglied der Tras werden, aber ein Beitritt der Gemeinde komme nicht in Frage, wog Claudia Bronner ab. “Wir sind mit dem Engagement der Landespolitiker professionell vertreten”, appellierte Harald Stoll an seine Ratskollegen.
Man müsse verschiedene Facetten des Problems betrachten, meinte dagegen Kurt Braunagel. “Es gibt eben auch eine juristische Seite”, betonte er und verwies auf den Beitritt anderer Gemeinden zum Tras. Wenig Verständnis für die “nationale Befindlichkeit der Franzosen” brachte Klaus Gehring auf. “Im Ernstfall nimmt das Dimensionen an, die vor keiner Grenze halt machen”, gab er zu bedenken. Die Mehrheit des Gemeinderates wandte sich am Ende mit acht zu vier Stimmen gegen einen Beitritt.
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