Aktuell

Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Montag, 22. Mai 2006

Ein Symbol der Zusammengehörigkeit
Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac kam zur Einweihung der Brücke zwischen Hartheim und Fessenheim / Proteste am Rande

Bildunterschrift:

Anlässlich der Einweihung der neuen Rheinbrücke demonstrierten Atomkraftgegner gegen das Kernkraftwerk in Fessenheim.

(FOTO: DPA)

Von Markus Donner und Bärbel Nückles
HARTHEIM/MULHOUSE. Die neue Rheinbrücke zwischen Hartheim und Fessenheim ist eingeweiht. Kein Geringerer als der französische Staatspräsident Jacques Chirac feierte das Bauwerk am Samstag mit Elsässern und Südbadenern als sichtbares Zeugnis eines “lebendigen Europas”. In Mulhouse ließ sich Monsieur le Président die neue Tram vorführen.
In seiner Ansprache lobte Chirac den “Geist des europäischen Einigungswerks”, wie er im ersten grenzüberschreitenden Zweckverband Mittelhardt-Oberrhein Ausdruck finde. “Immer wenn Deutschland und Frankreich gemeinsam den Weg ebnen, macht Europa Fortschritte”, sagte Chirac. Den EU-Gipfel im Juni möchte er zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einer “neuen Etappe” hin zum europäischen Einigungswerk nutzen. Bei der Verwirklichung dieses Ziels trügen beide Länder eine besondere Verantwortung, betonte Chirac.
Ein gedrängter Zeitplan erlaubte nur eine kurze Visite an der neuen, 220 Meter langen “Hardtbrücke — Erich Dilger”. Die Enthüllung der Stele mit den Wappen der acht elsässischen und der vier badischen Gemeinden, die darauf zusammen mit den weiteren Geldgebern des 4,4-Millionen-Euro-Projekts dokumentiert sind, nahm Chirac zusammen mit Anita Dilger, der Witwe des 2001 verstorbenen Hartheimer Bürgermeisters vor. Flankiert von Fessenheims Bürgermeister Alain Foechterle und dessen Hartheimer Amtskollegen Martin Singler betrat er schließlich die neue Brücke, um von ihr aus einen Blick auf den Altrhein zu erhaschen.
Auf die deutsche Seite setzte Chirac den Fuß nicht. Sein Besuch wurde von Sicherheitsleuten eisern überwacht. Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hatte Staatsminister Willi Stächele zur Feier an den Rhein delegiert. Auch er machte es kurz: “Die neue Hardtbrücke Erich Dilger ist ein großartiges Symbol des Vertrauens und der Zusammengehörigkeit am Oberrhein”, sagte Stächele. So war das Pflichtprogramm längst absolviert, als sich die Bürgermeister von Hartheim und Fessenheim in der Brückenmitte nochmals trafen, um mit Staatssekretärin Marion Caspers-Merk (SPD) als Repräsentantin der Bundesregierung, sowie Landrat Jochen Glaeser das Band zu zertrennen. Ein Bläsertrio intonierte dazu Beethovens “Europahymne”.
Chirac brauste unterdessen bereits Mulhouse entgegen, um dort die neue Straßenbahn einzuweihen. Tausende säumten hinter den Absperrungen die Straßen der Innenstadt, als der Staatspräsident an der Seite von Oberbürgermeister Jean-Marie Bockel, Abgeordneten und Stadträten in einem der leuchtend gelben Tram-Züge zur Place de la Bourse fuhr. Gut zehn Minuten lang spazierte Chirac dort durch die Menge und viele nutzten die Gelegenheit, um ihn zu fotografieren. Hier und da brachen junge Frauen sogar in Tränen aus, als Chirac ihnen die Hand schüttelte. Bei seinem ersten Auftritt in der Provinz, seit die französische Regierung vor allem durch die Clearstream-Affaire unschöne Schlagzeilen machte, gab sich Chirac bestens gelaunt.
In Mulhouse lobte er die Lebendigkeit des europäischen Bürgersinns im Elsass und bezeichnete die Tram als Symbol einer dynamischen Stadt, das zugleich für nachhaltige Entwicklung und für Fortschrittsgeist stehe. Im Anschluss an seinen Besuch in Mulhouse speiste Chirac in Cernay mit dem konservativen Abgeordneten Michel Sordi und 400 Gästen Sauerkraut. Die Demonstranten, die während des ganzen Tages auf der Route des Präsidenten gegen das Kernkraftwerk Fessenheim demonstrierten, dürfte Chirac, wenn überhaupt, nur aus dem Augenwinkel registriert haben. Eine Gruppe der elsässischen Initiative “Stop Fessenheim” hatte bereits, als Chirac die neue Rheinbrücke einweihte, vergeblich versucht, zu ihm vorzudringen, um eine Petition gegen das älteste französische Atomkraftwerk zu übergeben.

 © 2006 Badische Zeitung