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Badische Zeitung vom Mittwoch, 24. Mai 2006
“Für Fessenheim keine Betriebserlaubnis mehr”
Frankreichs Ex-Umweltministerin Lepage soll für den Atomschutzverband juristische Schritte gegen das Atomkraftwerk vorbereiten
Von unserer Korrespondentin Andrea Drescher
BASEL. Dass der Betrieb des Atomkraftwerks im elsässischen Fessenheim rechtmäßig ist, bezweifelt die ehemalige französische Umweltministerin Corinne Lepage. Die Pariser Anwältin wurde vom Trinationalen Atomschutzverband (Tras) beauftragt, juristische Schritte gegen den Stromkonzern Electricité de France (EdF) in die Wege zu leiten, der die beiden Reaktoren am Rhein betreibt.
Lepage will klären, ob die Ende der 1970er-Jahre erteilten Genehmigungen den Kraftwerksbetrieb noch zulassen, da inzwischen schärfere Gesetze auf nationaler und europäischer Ebene gelten. Mit einer bereits eingereichten Klage soll die EdF zur Herausgabe von sicherheitsrelevanten Informationen gezwungen werden. Der Stromkonzern habe nach einer Forderung der Tras “extrem bescheidene Dokumente” geschickt, wie Lepage gestern bei einer Pressekonferenz am Euro-Airport erklärte.
Die EdF hofft, bei der routinemäßigen Kontrolle 2008 eine neue Betriebsbewilligung zu erhalten. Tras will dies verhindern. Dem vor knapp einem Jahr in Basel gegründeten Atomschutzverband gehören inzwischen 63 Einzelpersonen, 20 Umweltorganisationen und 28 Gemeinden an, darunter 14 aus Südbaden und eine aus dem Elsass. Zum 1. Juli tritt als größte Stadt Freiburg bei. Bürgerspenden haben die Beitrittserklärung des Gemeinderates ermöglicht: In kurzer Zeit kamen 14 000 Euro zusammen. Geld benötigt der Verband für die Rechtsverfahren und um unabhängige Gutachten in Auftrag geben zu können. Das Tras-Budget liegt bei rund 50 000 Euro.
Dass die EdF die Herausgabe von aussagekräftigen Expertisen bisher verweigert, ist für Tras-Präsident Jürg Stöcklin “ein deutliches Indiz dafür, dass die Sicherheit in Fessenheim nicht intakt ist”. Der Basler Großrat glaubt zum Beispiel nicht, dass das 30 Jahre alte AKW einem am seismisch aktiven Oberrhein jederzeit möglichen Erdbeben Stand halten würde. Die Tras-Mitglieder aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich wollen juristisch gegen die Betreiberin des Fessenheimer Kraftwerks vorgehen. Sie lehnen die Atomkraft aber ganz generell ab. So auch die Kernkraftanlagen in der Nordwestschweiz, das geplante Endlager in Benken bei Zürich und Castortransporte durch Südbaden.
“Wir dürfen von Frankreich nichts fordern, was wir in unseren eigenen Ländern nicht auch durchsetzen wollen”, betonte Verbandsvizepräsident Axel Mayer, der Freiburger Regionalgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland.
© 2006 Badische Zeitung