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Fessenheim

Badische Zeitung vom Samstag, 29. Juli 2006

Atomkraftwerke heizen den Fischen zusätzlich ein
Steigen die Wassertemperaturen der Aare weiter, droht Atomkraftwerken wie Beznau eine Zwangspause / Revision in Leibstadt

Von unserer Mitarbeiterin Annette Mahro
FESSENHEIM/WALDSHUT-TIENGEN. Die Temperaturen gehen derzeit leicht zurück, das Problem bleibt. Während sich die Rheinwassertemperatur bei der Messstation Iffezheim am Donnerstag der 28-Grad-Marke näherte, trugen neben den hohen Außentemperaturen auch die flusswassergekühlten Atomkraftwerke (AKW) zur Erwärmung bei. Die deutsche Umweltorganisation BUND wollte deshalb von der Überwachungsbehörde des AKW Fessenheim wissen, ab welcher Wassertemperatur abgeschaltet werde.
"Das Problem hat sich nun erst einmal wieder selbst gelöst", sagte BUND- Regionalgeschäftsführer Axel Mayer gestern auf Anfrage. Gemeint war damit nicht der Temperaturrückgang sondern der jüngste Fessenheim-Störfall. Wegen einer aus noch ungeklärten Gründen geschlossenen Schleuse war Dampf isoliert worden, was zu einer automatischen Abschaltung eines der beiden Blöcke führte. Bei voller Leistung des 2-mal-900-Megawatt-Reaktors darf dieser laut einer "Arrêté Préfectorale" von 1972 den Rhein von Juni bis August um 4 Grad, in anderen Monaten um bis zu 7 Grad erwärmen, wie Mayer erfahren hat. Die französische Überwachungsbehörde Direction Régionale de l´ Industrie, de la Recherche et de l´ Environnement soll jetzt Auskunft darüber geben, wie hoch die Temperaturdifferenz ist. Während der Betreiber EdF das bisher unter Verschluss gehalten hat, besagt ein neues Urteil, dass die Behörde diese Zahlen offen zu legen hat.

Auch unter den fünf schweizerischen Atomkraftwerken gibt es zwei flusswassergekühlte: Mühleberg bei Bern und das ebenfalls an der Aare und unweit der Mündung in den Rhein bei Waldshut gelegene Beznau, der älteste Meiler der Schweiz. "Das von uns in den Rhein zurückgeleitete Kühlwasser darf maximal 32 Grad haben", erklärt Beznau-Sprecher Hans Jörg Schnetzer. Gültigkeit habe dieser Wert seit Bestehen des Kraftwerks. "Ich könnte mir vorstellen, dass bei 27 oder 28 Grad Flusswassertemperatur abgestellt wird", mutmaßt Schnetzer. Dem Betreiber geht es weniger um Fische als um Wirtschaftlichkeit. "Wir leben schließlich von der Differenz", sagt der Sprecher. Die besten Produktionseffekte erziele das Kraftwerk im Winter. Was die Fische betrifft, macht sich Schnetzer keine Sorgen: "Das Aarewasser ist im Moment kühler als der Bodensee."
Schon eher beunruhigt ist da die aargauische Jagd- und Fischereiverwaltung. Deren Leiter René Altermatt erinnert an den Hitzesommer 2003, in dem der Rhein Temperaturen bis 28,6 Grad erreicht und unter anderem ein weiträumiges Aalsterben erlitten hatte. Altermatts Amt hat deshalb vor zwei Jahren eine Zusammenstellung veröffentlicht, aus der hervorgeht, welche regionalen Fischarten welche Temperaturen ertragen.
Für das im Hochrhein häufig vorkommende Rotauge sind als kritischer Bereich darin 25 bis 28 Grad angegeben. "Wir haben uns damals schließlich auf einen Grenzwert von 25 Grad bei den Gewässern geeinigt" , sagt Altermatt. Indes gibt es keine definitiven Richtlinien, was passiert, wenn der Wert überschritten wird. Nicht nur Kühlwassereinleitungen sind dann problematisch, sondern auch Wasserentnahmen. Das Problem hat das Kernkraftwerk Leibstadt am Hochrhein für seinen Leichtwasserreaktor vorerst elegant gelöst. Heute beginnt dort die drei Wochen dauernde Jahresrevision.

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