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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Donnerstag, 2. November 2006

"Eine Klage gegen Fessenheim kann nur das letzte Mittel sein"
Staatssekretär Fleischer hält die Mitarbeit in der Überwachungskommission für den "einzig richtigen Weg", die Sicherheitsanliegen der Region deutlich zu machen

MARKGRÄFLERLAND (bm). "Ich kann die Stilllegung von Fessenheim erst fordern, wenn ich sicherheitstechnisch den genauen Tatbestand kenne", sagte CDU-Staatssekretär Gundolf Fleischer am Montag in einem Gespräch mit der Badischen Zeitung. Bis heute gebe es in dem elsässischen Kernkraftwerk keinen Störfall, aus dem sich diese Notwendigkeit ableiten lasse.

Die Vorkommnisse, die auf deutscher Seite "Störfall" genannt werden, bezeichne der Betreiber, die Électricité de France (EdF), schlicht als "Événement" (Ereignis). Der meisten der öffentlich gemachten Ereignisse, betonte Gundolf Fleischer, seien so genannte Null-Fälle, die auf der Fallskala ganz unten rangierten. Die Kernfrage, so der Politiker, sei die Frage "Wie geht es der alten Dame Fessenheim?". Er habe kein Problem damit, Wirtschaftsinteressen dem Sicherheitsinteresse der Bevölkerung unterzuordnen. Um aber die Stilllegung von Fessenheim zu fordern, was er auch für sich nicht ausschließe, bedürfe es exakter Aussagen über den aktuellen Sicherheitsstandard.

Er wolle nun wissen, ob der von ihm vor über 20 Jahren angestrengte Sicherheitsvergleich zwischen den Reaktoren Neckarwestheim und Fessenheim, der nur geringe Mängel im elsässischen Kernkraftwerk ergeben habe, fortgeschrieben werden kann, erklärte Fleischer. Es habe sich auf technischem Gebiet ja in den vergangenen Jahren einiges getan. Unabhängig davon sei festzustellen, dass 20 bis 25 Inspektionen pro Jahr in Fessenheim stattfinden, einige davon auch unangekündigt.

Der Staatssekretär unterstrich im BZ-Gespräch einmal mehr, dass das "Primat der Politik" für ihn immer noch vor einer Klage gegen Fessenheim rangiert. In der "Commission Locale de Surveillance" (CLS), der Überwachungskommission, mitzuarbeiten sei "der einzig richtige Weg, unser Anliegen mit allem Nachdruck deutlich zu machen, ohne die Beziehung zu den Franzosen zu vergiften". Eine Klage könne nur das letzte Mittel sein, auch deshalb, weil ein Gerichtsurteil erst in ein paar Jahren zu erwarten sei. Der Ausgang eines solchen Verfahrens sei durchaus unsicher. Die Franzosen könnten sich jederzeit auf Bundesumweltminister Gabriel berufen, der unter Bezug auf Aussagen französischer Sicherheitsbehörden bescheinigt habe, dass Fessenheim "keine Sicherheitsmängel" aufweise, "die zur Besorgnis in der Bevölkerung der Grenzregion führen könnten".

Sigmar Gabriel, so Fleischer, habe darüber hinaus seine Übereinstimmung mit Ministerpräsident Günther Oettinger dahingehend bekundet, dass die Information der Bevölkerung in der Umgebung des Kernkraftwerks Fessenheim "am besten durch die Entsendung von Vertretern der benachbarten Gemeinden in die CLS sichergestellt werden könnte. Als "sehr unehrlich" empfinde er die aktuelle Diskussion deshalb, weil demgegenüber die SPD in der Region den Beitritt zum Trinationalen Atomschutzbund (TRAS) propagiere, der eine Klage gegen Fessenheim anstrebt. Auch SPD-Staatssekretärin Marion Caspers-Merk, die in Berlin mit am Kabinettstisch sitzt, nehme eine "diametral andere Position" als Sigmar Gabriel ein.

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