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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Freitag, 1. Dezember 2006

Eine Debatte ohne Konsens
Antrag der Heitersheimer SPD zum Tras-Beitritt erneut abgelehnt / Emotionale Diskussion

Von unserer Mitarbeiterin Sabine Model

HEITERSHEIM. Eigentlich hatte der Gemeinderat im April festgelegt, den SPD-Antrag zur Mitgliedschaft beim Trinationalen Atomschutzverband der Bevölkerung um das AKW Fessenheim (Tras) erst in einem Jahr nochmals zu diskutieren. Die Gemeindeordnung lässt jedoch eine Wiedervorlage nach sechs Monaten zu. Das wurde genutzt und erneut eine hoch emotionale Debatte ohne Konsens geführt. Ergebnis: Antrag abgelehnt und vertagt bis April 2007.
Diese Zeit wolle man nutzen, um im Gespräch mit den französischen Nachbarn das Optimale an Sicherheit herauszuholen, so Ehret. Die Tras werde im nächsten Halbjahr nicht klagen. Dazu reiche das Geld nicht. Vor dem Streiten sollte man zu Klärungen kommen. Dem pflichtete die SPD-Fraktion geschlossen nicht bei. Zudem sucht das Gremium den Meinungsaustausch mit den elsässischen Gemeinden und dem Betreiber, allerdings ohne Dieter Hennig, Rudolf Epp, Eva Markowski und Bernd Mohr. Harald Höfler, Edmund Weiß und Wilma Schmidt enthielten sich der Stimme.
Es gehe nicht um Pro und Kontra Atomenergie, sondern um die akute Bedrohung der Region, so Dieter Hennig. Erdbeben-, Flugzeugabsturz- und Überschwemmungsrisiken sowie ungeschützte Abklingbecken für Brennelemente und Kühlsysteme seien Gefahr genug, um neben politischen Bemühungen auch rechtliche Möglichkeiten einzusetzen. Seit 1976 sei die Deutsch-Französische Kommission (DFK) ohne Kontrollfunktion und Aussicht auf Durchsetzung von Forderungen. Auch in der Sicherheitskommission CLS haben seit 1978 deutsche Teilnehmer nur Beobachterstatus, kritisierte Hennig. Sie sei ein "Frühstücks-Gremium", das der elsässische Generalrat Pierre Schmidt selbst als "Alibifunktion für die EdF" bezeichnet habe. Was in den letzten Wochen von der CDU hochgejubelt werde, existiere seit Jahren ohne Wirkung und Ergebnis. Die Bevölkerung werde für dumm verkauft. Hennig bezichtigte die CDU einer diktierten Parteilinie und Doppelzüngigkeit. Mit politischer Verantwortung habe das nichts zu tun. "Der Heitersheimer Gemeinderat sollte sich nicht als verlängerter Arm der Kreis-CDU verstehen, sondern eigenständig entscheiden", forderte Hennig. Die Chance der Politik sei eine "Nullnummer". Es gehe nur darum, die Betriebszeit um zehn Jahre zu verlängern. Die Tras habe bereits Einsicht in sicherheitsrelevante Unterlagen erzwungen. Jährlich 400 Euro Mitgliedsbeitrag seien kein Hinderungsgrund, das zu unterstützen.
Ehret verbat sich die Unterstellung, die Sorgen der Menschen in der Region nicht ernst zu nehmen. Er wäre froh, auf Kernenergie verzichten zu können. Sie sei aber für die Grundlast derzeit noch unverzichtbar. Das Risiko stehe außer Frage und müsse soweit möglich minimiert werden. Nach der internationalen Störfallskala von eins bis sieben gab es 2006 in Fessenheim fünf Mal Störfallstufe 1 und 32 Mal Null. In Deutschland wurden die 160 Nullfälle gar nicht öffentlich. Das gebe ein schiefes Bild.
Offene Fragen sah Ehret bei der Tras beim Schweizer Haftungsrecht, bei der Zusammensetzung des Tras-Vorstandes (sieben Schweizer, zwei Deutsche, ein Franzose) und bei den Kosten für die Rechtsanwältin Corinne Lepage. In ihrem Programm für die Präsidentschaftskandidatur komme das Abschalten von Fessenheim jedenfalls nicht vor. Die Unterlagen hätte man auch bei der CLS bekommen und die Behauptung, elsässische Gemeinden bekämen Strompreisnachlässe sei falsch. Die Tras sei kein dubioser Verein von Sektierern, wehrte sich Harald Höfler. Sie wolle das "Restrisiko" verhindern. "Und ich habe etwas gegen ein Risiko, das mir den Rest gibt." Mit 26 000 Euro könne man aber nicht klagen. Es brauche viele Mitglieder. Höfler: "Ich weiß, dass die CDU-Kollegen unter Druck stehen." Sie sei nur ihrem Gewissen verpflichtet, konterte Ulrike Pigulowski. Trotz des Gefühls, zwischen zwei Stühlen zu sitzen, setzte auch Edmund Weiß zunächst auf die diplomatische Ebene. Die Tras habe keine neuen Erkenntnisse gebracht, wertete Hermann Meier. Und Ehret fasste zusammen: "Wir müssen nicht übereinander, sondern miteinander reden."

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