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Badische Zeitung vom Mittwoch, 13. Dezember 2006
(FOTO: GEOPOWER) |
Von Andrea Drescher und Michael Baas
LÖRRACH/ST. LOUIS/BASEL. Politiker im Dreiland fordern nach dem Erdbeben vom Freitag eine bessere Zusammenarbeit über die Grenze. Vor allem die Basler Regierung ist wegen ihrer zögerlichen Informationspolitik in die Kritik geraten. Während die Analysen des vergleichsweise starken Bebens noch andauern, melden sich inzwischen aber auch erste Experten zu Wort, die davor warnen das Kind mit dem Bad auszuschütten. Er halte das Basler Projekt "fachlich nicht für gefährdet", sagt zum Beispiel Johannes Gottlieb, Leiter des Karlsruher Steinbeis-Transferzentrum Geothermie auf Anfrage der BZ.
"Das Erdbeben hat alle überrascht. Keiner wurde informiert, obwohl das Risiko im Rheingraben bekannt ist", beklagt etwa der Bürgermeister von St. Louis, Jean Ueberschlag. Das dürfe nicht wieder passieren, "sonst werden die Reden über grenzüberschreitende Zusammenarbeit unglaubwürdig", so Ueberschlag weiter. Er regt eine deutsch-französische Initiative an, damit künftig in vergleichbaren Fällen besser informiert wird. Auch Weils OB Wolfgang Dietz hat die mangelnde Information seitens der Basler Regierung beklagt und sieht darin eine neuerliche Belastung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. "Wir waren informatorisches Niemandsland", schreibt Dietz an Basels Regierungspräsidentin Barbara Schneider. In dem Brief verlangt er weiter Auskunft über Ursachen,
Konsequenzen und die Abschätzung des Risikos.
Der Lörracher CDU-Landtagsabgeordnete Ulrich Lusche fordert zudem Landesumweltministerin Tanja Gönner auf, "unverzüglich" zu prüfen, ob den Risiken auf der Schweizer Seite Rechnung getragen werde und die Information der deutschen Bevölkerung und Behörden gewährleistet sei. Das verlange der verantwortungsbewusste Umgang mit dem Projekt. Der SPD-Landtagsabgeordnete Rainer Stickelberger sieht in dem Beben einen "Rückschlag für die Erdwärme". Er hoffe aber, dass dies nicht das Aus für die bereits begonnen Projekte bedeute. Schließlich habe die Geothermie unzählige Vorteile und gerade die Region sei prädestiniert für deren Nutzung. Geothermie sei permanent verfügbar, die Reserven riesig und befänden sich direkt vor Ort. Der Freiburger Förderverein für regenerative Energien fesa betonte erneut, dass das Beben weder als "Rückschlag für das Verfahren noch für die Geothermiebranche" sehe. Natürlich sei das Erdbeben ernst zu nehmen und seine Ursachen soweit als möglich zu klären. Ein Rückschlag für die Geothermie lasse sich daraus aber nicht ableiten. Jede Form der großtechnischen Energiegewinnung bringe Risiken mit sich. Gemessen an den Folgen eines schweren Unfalls im Kernkraftwerk Fessenheim sei das zu erwartende Risiko der Geothermienutzung aber sicherlich als vergleichsweise gering zu bewerten.
Auch der Kreisvorsitzende der Grünen, Tilmann Fischer, hat sich am Montagabend am Rande der Kreismitgliederversammlung in einer ersten, spontanen Reaktion hinter das Basler Projekt gestellt und sieht keinen Anlass, grundsätzlich von der Geothermie abzurücken.
Eindeutiger fällt dagegen die Kritik an der dünnen Informationspolitik der Basler Seite aus. Stickelberger nimmt sie zum Anlass für solche Fälle, den Aufbau eines formalisierten Absprache- und Informationsverfahrens auf trinationaler Ebene für solche Fälle zu fordern. Schließlich sei der Oberrheingraben die am stärksten Erdbebengefährdete Zone in Deutschland.
Experten wie der Leiter des Karlsruher Steinbeis-Transferzentrums für Geothermie, Johannes Gottlieb, räumen zwar ein, dass das Beben mit einer Magnitude von 3,4 auf der Richter-Skala über dem "kritischen Wert" für diese Einpress-Versuche liegt. Gottlieb sieht diese "kritische Grenze" irgendwo zwischen zwei und drei auf der Richter-Skala. Fachlich sei das Projekt aus seiner Sicht allein darüber dennoch nicht in Frage gestellt, so Gottlieb.
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