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Badische Zeitung vom Freitag, 26. Januar 2007
"Wir sollten ein deutliches Zeichen setzen"
Bildunterschrift: Sorgt immer wieder für Diskussionen: das Atomkraftwerk im elsässischen Fessenheim, im Vordergrund die Kirche von Heitersheim (FOTO: DPA) |
Von unserer Redakteurin Tanja Bury
SCHALLSTADT. Eigentlich wollten sie alle die große Politik außen vor lassen. Und doch spielten Parteien und die Energiewirtschaft in etlichen Wortmeldung der Gemeinderäte eine Rolle. Der Grund für die leidenschaftlich geführte Diskussion im Schallstadter Gemeinderat war die Entscheidung über einen erneuten Beitritt zum "Trinationalen Atomschutzverband der Bevölkerung um das AKW Fessenheim" (Tras). Bereits vor einem Jahr war die Gemeinde — als eine der Ersten in der Region — diesem Verband für die Dauer von einem Jahr beigetreten. Diese Mitgliedschaft war Mitte Januar ausgelaufen und so galt es am Dienstagabend neu über einen Beitritt zu befinden.
Wie schon vor einem Jahr lehnte Bürgermeister Jörg Czybulka die Mitgliedschaft heuer wieder ab. "Auch ich möchte das AKW Fessenheim nicht, aber ich sehe das nicht als die originäre Aufgabe der Gemeinde an", so der Rathauschef. Das Thema werde seiner Meinung nach "politisch gebraucht und damit Stimmung gemacht". Außerdem habe er trotz intensiver Recherche keine Regelung für den Fall einer Klage von Tras und eventuellen Regressforderungen zu Lasten der Gemeinde gefunden: "Es ist deshalb meine Verantwortung nein zu sagen."
Als "rauswinden" bezeichnete Norbert Kipf (SPD) diese Argumente. "Sie sollten nicht mit zwei Zungen sprechen. Auf der einen Seite will man das AKW Fessenheim nicht, aber auf der anderen Seite will man Tras nicht beitreten", monierte er. Es gehe um den Schutz der Bevölkerung vor Ort und deshalb sollten die Gemeinden Einfluss auf die Entwicklung des AKWs nehmen — und zwar nicht nur über die Politik und die Kontrollkommission CLS, sondern unmittelbar durch Tras. Er stellte deshalb auch den Antrag, über eine unbefristete Mitgliedschaft bei Tras abzustimmen.
Auch Ewald Fritz (Die Grünen) sprach vom Schutz der Bürger in der Region und brachte sein Unverständnis über die "Stimmungsmache der CDU im Kreistag gegen Tras" zum Ausdruck. Im November 2006 hatte sich die Unionsfraktion im Kreistag dafür ausgesprochen, besser zusammen mit den Franzosen auf den sicheren Betrieb des AKWs zu achten, statt eine Klage — wie von Tras geplant — anzustrengen (die BZ berichtete). "Mich beruhigt es nicht, wenn mehr Kreisbürgermeister bei CLS dabei sind und mich beruhigt es auch nicht, wenn Politiker sagen, Fessenheim ist sicher", betonte Fritz. Man müsse sich schon fragen, warum es keine Auskünfte über die Sicherheit des Werks gebe und auch die CLS keine Akteneinsicht erhalte: "Wichtig ist, dass es von unten Druck gibt, damit sich oben was bewegt." Entgegen der Meinung des Bürgermeisters schätzt Ursula Rauschkolb (SPD) Fessenheim sehr wohl als kommunalpolitisches Thema ein: "Das ist unsere Sache und wir sollten ein deutliches Zeichen setzen." Dem pflichteten auch Klaus Krebs (Pro Jugend), Helmut Strohmeier (Freie Wähler) und Karin Müller-Sandner (Die Grünen) bei.
Gegen einen erneuten Beitritt zu Tras sprach sich Caspar von Fürstenberg (CDU) aus. Noch vor einem Jahr habe er einer Mitgliedschaft zugestimmt, doch heute sehe er eine Klage des Verbandes als erfolglos an, nur auf "politischer Ebene" sei etwas zu erreichen. "Und in eine aussichtslose Sache soll die Gemeinde kein Geld investieren", so Fürstenberg. Auf die Kritik von Ewald Fritz gegen die CDU im Kreis sagte er "Ich hätte mir von den Grünen damals mehr Aktionismus gewünscht" und spielte damit auf die Amtszeit des Grünen Jürgen Trittin als Bundesumweltminister an. "Mit Diplomatie und Informationsaustausch wie die CDU es fordert, ist noch nie die Abschaltung eines Atomkraftwerks erreicht worden", antwortete Karin Müller-Sandner.
Christoph Güthner (Agenda für Schallstadt: für Bürgerbeteiligung — pro Rechtstaatlichkeit) sprach sich gegen den Beitritt aus, weil Tras Fessenheim benutze, um ganz allgemein die Atomlobby anzugehen: "Ich habe Bauchschmerzen, wenn wir dies aus den allgemeinen Steuermitteln des Bürgers tun."
Trotz der mehrheitlich positiven Meinungsbeiträge zum Tras-Beitritt entpuppte sich die Abstimmung über diesen aber als schwere Geburt. Bürgermeister Czybulka hatte den Beschlussvorschlag so formuliert, dass die Befürworter eines Beitritts mit Nein stimmen mussten. Falls nötig sollte in weiteren Abstimmungen über die Art des Beitritts befunden werden. Norbert Kipf nannte dies einen "taktischen Winkelzug" und forderte, über seinen Antrag auf unbefristete Mitgliedschaft abzustimmen. Sowohl Hauptamtsleiter Thomas Regele als auch Jörg Czybulka machten ihm klar, das sein Antrag im Beschlussvorschlag beinhaltet sei. Schließlich sprachen sich drei Gemeinderäte (Fürstenberg, Waibl, Güthner) und der Bürgermeister gegen den Beitritt aus. Diese vier waren es auch, die in der weiteren Abstimmung für die einjährige Mitgliedschaft plädierten, der Rest stimmte für die unbefristete Mitgliedschaft.
© 2007 Badische Zeitung