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Badische Zeitung vom Mittwoch, 7. März 2007
Atomkraft im Wahlkampf
In Frankreich gibt es schon mal kritische Stimmen gegen Fessenheim — das hat nicht viel zu sagen
Von unserer Korrespondentin Bärbel Nückles
Vor 30 Jahren nahm das Atomkraftwerk im elsässischen Fessenheim seinen Betrieb auf — und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. Doch zumindest im Elsass scheint der breite Rückhalt für das Werk in der Bevölkerung wegzubrechen.
Wenn sich in einer eigens zum Jubiläum durchgeführten Umfrage 50 Prozent der Elsässer für eine Stilllegung ihres AKW aussprechen, gibt das im 30. Jahr, nachdem die Kernspaltung in Block 1 ausgelöst wurde, durchaus Anlass zu Hoffnung. Die gute Nachricht zum Jubiläum lautet nämlich, dass vor den Präsidentschaftswahlen diese Energieform diskutiert wird. Der Grund: Im traditionell atomkraftfreundlichen Frankreich mit atomkritischen Positionen können die Kandidaten vielleicht Stimmen sammeln.
Ségolène Royal, die Kandidatin mit den derzeit zweitbesten Aussichten auf Frankreichs höchstes Staatsamt, hat sich für eine Reduzierung der Atomenergie ausgesprochen. Doch — und das darf man vor allem aus deutscher Sicht nicht vergessen — von einem Ausstieg kann links des Rheins deshalb noch lange keine Rede sein. Da mögen eine Ségolène Royal und andere, eher chancenlose Kandidaten mit vollmundigen Versprechungen kommen und gar eine Schließung von Frankreichs ältesten Druckwasserreaktoren in Fessenheim ankündigen. Nüchtern betrachtet sind das zuallererst Versprechungen. Um den Anteil nuklearer Energie zunächst von 80 auf 50 Prozent zu senken (so lautet Royals Ankündigung), müsste Frankreich ein Drittel seines Energiebedarfs aus anderen Quellen decken. Was in etwa dem Energieanteil entspräche, der in Deutschland heute noch aus Atomstrom gespeist wird.
Um das auf den Weg zu bringen, braucht es nicht nur Geld für Alternativen, sondern vor allem enorme politische Durchsetzungskraft gegenüber einer starken Atomlobby. Die ist in Frankreich nicht nur im rechten Parteienspektrum zu suchen. Royals Wahlkampfpläne, das AKW Fessenheim zu schließen, treffen selbst bei der sozialistischen Parteiprominenz im Südelsass nicht auf große Gegenliebe. Schließlich garantieren Atomkraftwerke große Mengen verfügbarer Energie. Atomkraftwerke sind Steuerzahler. Und im Einzugsgebiet von Fessenheim hängen direkt und mittelbar rund 2000 Arbeitsplätze vom nuklearen Strom ab.
Zu jener Zeit, als Fessenheim gebaut wurde, träumten ja nicht nur die Franzosen von der Kernspaltung als Quelle energiewirtschaftlichen Reichtums. Aber spätestens nach Tschernobyl hätte man sich überall in Europa Einsicht in die Risiken gewünscht und Konsequenzen — auch wenn ein zweites Tschernobyl unwahrscheinlich ist. Im Jahr 2009 soll die Zulassung für das Fessenheim verlängert werden. Wer die Risiken dieser Energie kennt — menschliches Versagen, Erdbeben, Terroranschläge, Überschwemmungen — weiß: Eine absolute Sicherheit gibt es nicht.
© 2007 Badische Zeitung