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Badische Zeitung vom Montag, 26. März 2007
Vertrauen ist gut, Messen ist besser
Bildunterschrift (FOTO: WAGNER) |
Von unserem Mitarbeiter Hans Christof Wagner
BREISACH. Radioaktivität ist unsichtbar. Im Umfeld des elsässischen AKW Fessenheim sind darum 20 stationäre Messstationen dauernd auf Empfang. Doch im Ernstfall kommt es auch darauf an, dass aktuelle Messergebnisse schnell übermittelt werden. Diese Aufgabe obliegt den Feuerwehren der grenznahen Kreise. Am Samstag sind sie ausgerückt — aber nur, um zu üben.
Roy Bergdoll und Karin Müller brauchen ihr Navigationsgerät. Sie kommen von der Landesfeuerwehrschule Bruchsal und sind fremd in Breisach. Sie bräuchten es aber auch, wenn sie aus der Gegend stammten. Weil absolut nichts auf den Punkt hindeutet, den sie ansteuern sollen. "A1B" heißt der, liegt kurz vor dem Bahnhof Achkarren und ist nur mit den genauen GPS-Koordinaten auszumachen. Am Samstag steuern noch sechs weitere Spezialfahrzeuge unscheinbare Punkte an. Darin Messtrupps aus den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald, Emmendingen, Ortenau, Rottweil und Lörrach sowie der Stadt Freiburg. Sie sollen die Radioaktivität rund um das AKW Fessenheim messen. Und das nicht irgendwo. Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz in Karlsruhe hat in einem 25-Kilometer-Halbkreis um das Kraftwerk 42 Messpunkte festgelegt.
Ob in Fessenheim etwas passiert ist, ob Strahlung austritt, melden schon die 20 stationären Messsonden, die Bund und Land rund um den elsässischen Atommeiler eingerichtet haben. Hinzu kommen jene auf französischer Seite, auf die das Land Zugriff hat. Fest eingerichtete Stationen gab es auf deutscher Seite bereits vor Tschernobyl. Doch das System zusätzlicher Messpunkte, die von mobilen Trupps in Spezialfahrzeugen angefahren werden, ist erst nach dem GAU von 1986 entwickelt worden. Es soll helfen, im Ernstfall noch verlässlichere Daten über Ausmaß und Bewegung der radioaktiven Wolke zu liefern. Fall die stationären Sonden ausfallen
- mangels Strom oder wegen technischer Defekte - können so trotzdem Daten gewonnen werden.
Bei "A1B" hält Roy Bergdoll das Messgerät exakt einen Meter über den Boden. So ist es vorgeschrieben. Rund 25 Nanosievert pro Stunde zeigt das Display an. Auf der Skala im Messfahrzeug liegt dieser Wert sogar noch unter dem grünen Bereich
- ist also völlig harmlos. Auch die natürlich vorkommende Strahlung wurde schon rausgerechnet. Nullwert wird das genannt. Den müssen die Katastrophenhelfer kennen, um im Falle eines Störfalls im AKW die Bedrohung einschätzen zu können. "Mit der Übung sollen die Messroutine und der Informationsaustausch zwischen den beteiligten Stellen verbessert werden", erklärt Markus Ragg vom Regierungspräsidium Freiburg.
Roy Bergdoll speichert die Messergebnisse auf einer Diskette. Diese wird er später in der Breisacher Einsatzzentrale abliefern. "Im Jahr 2012 soll der digitale Polizeifunk kommen und dann können wir die Daten online übertragen", erklärt er. Der Brandamtmann von der Landesfeuerwehrschule Bruchsal kennt viele der Einsatzkräfte persönlich. Er bildet sie aus, lehrt sie die Bedienung der komplexen Messtechnik in den Fahrzeugen, von denen jeder der 43 Land- und Stadtkreise im Südwesten eines besitzt.
Am Samstag sind sieben davon im Einsatz. In einem kann Roy Bergdoll am Ende der Übung ein farbiges Band auf den Bildschirm zaubern. Es zeigt die Messwerte auf dem Weg zum Punkt "A1B" und zurück. Das Ergebnis des langen Übungstages mag einigermaßen unspektakulär erscheinen. Aber es ist auch eines, das alle Beteiligten aufatmen lässt: Denn am Ende ist alles im grünen Bereich geblieben.
© 2007 Badische Zeitung