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Badische Zeitung vom Freitag, 19. Oktober 2007
Fessenheim bleibt ein Problem Bildunterschrift Das Kernkraftwerk am Rheinseitenkanal (FOTO: MICHAELIS) |
Von unserer Korrespondentin Bärbel Nückles
FESSENHEIM. Seit gestern stehen beide Reaktoren des Atomkraftwerks in Fessenheim still. In einem werden Brennstäbe ausgetauscht, im anderen Leitungsrohre kontrolliert. Atomkraftgegner vom elsässischen "Stop Fessenheim" und vom Trinationalen Atomschutzverband (Tras) kritisieren, dass der französische Stromversorger EdF plant, in die Reaktoren zu investieren. Denn wegen technischer Probleme müssen diese immer wieder abgeschaltet werden — und produzieren dann keinen Strom.
Das Atomkraftwerk war vor 30 Jahren das erste in Frankreich. 2009 beginnt die Zehnjahresinspektion der Druckwasserreaktoren und der Betonummantelung, die im Ernstfall die Umgebung schützen soll. Ob alles der Prüfung standhalten wird, fragen sich eher bang auch Atomkraft-Befürworter in der Umgebung Fessenheims. Von der EdF hängen 70 Prozent der kommunalen Steuereinnahmen ab. "Je mehr kleine Zwischenfälle erfasst werden, desto besser greift die Kontrolle", davon ist Fessenheims Bürgermeister Alain Foechterle überzeugt. Wie die meisten Bürgermeister hat er das ökonomische Wohl seiner Gemeinde im Auge. In der lebten 1977 lebten nur halb so viele Menschen. Heute sind es 2300, darunter ein Drittel der 660 AKW-Beschäftigten.
Je nach Inspektionsergebnis könnte die Laufzeit um zehn Jahre verlängert werden — oder es droht die Schließung. Darauf hofft der schweizerisch-deutsch-französische Tras, der demnächst eine Klage bei der Europäischen Kommission einreichen wird. Außerdem plant er über seine Pariser Anwältin, Ex-Umweltministerin Corinne Lepage, deren Nachfolger im Ministeramt eine Liste mit Forderungen zu unterbreiten, der eine Klage beim höchsten französischen Gericht folgen könnte.
Seit seiner Gründung vor zwei Jahren will der Tras möglichst viele Kommunen und Verbände zusammenschließen. 175 Mitglieder sind es derzeit, darunter als einzige französische Gemeinde Mollau, ein Dorf 65 Kilometer von Fessenheim entfernt. "Gott weiß, bei wie vielen Gemeinden wir vergeblich angefragt haben", sagt Claude Ledergerber, französisches Tras-Vorstandsmitglied. 451 Briefe seien allein an Gemeinderäte in Fessenheims Umgebung gegangen. So manche befürworteten die Tras-Ziele, fürchteten aber öffentlichen Druck. "Es fehlt die nötige Zivilcourage", sagt Ledergerber.
Der Tras argumentiert nicht nur mit dem Alter des AKW und der Erdbebengefahr, sondern auch mit den Kosten: Auf 100 Millionen Euro wird allein die angekündigte Renovierung der beiden Reaktoren, der Primär- und Sekundärkreisläufe, der Ummantelung sowie der Außenbereiche veranschlagt.
Vom Atomkraftwerk sind es zwei Kilometer ins Dorf Fessenheim. Im Hardt Café sorgt sich die Wirtin mehr um die Sicherheit der Chemiefabrik rheinaufwärts. "Beim AKW weiß ich wenigstens, dass dort regelmäßig kontrolliert wird."
© 2007 Badische Zeitung