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Fessenheim

Badische Zeitung vom Montag, 19. November 2007

Kämpfer für eine ökologische Politik
Der französische Politiker Antoine Waechter bekam in Breisach den Herbert-Gruhl-Preis / Für Stilllegung des AKW Fessenheim

Bildunterschrift

Bei der Jahrestagung der Herbert-Gruhl-Gesellschaft wurde in Breisach der französische Politiker Antoine Waechter (links) vom Vorsitzenden der HGG, Volker Kempf, mit dem Herbert-Gruhl-Preis ausgezeichnet.

(FOTO: INES SÜSSLE)

Von unserer Mitarbeiterin Ines Süßle

BREISACH. Am Samstag fand zum ersten Mal in Breisach die Jahrestagung der Herbert-Gruhl-Gesellschaft (HGG) statt. Im Rahmen der Veranstaltung wurde der Herbert-Gruhl-Preis an den französischen Politiker Antoine Waechter verliehen. Dieser setzt sich unter anderem für die Stilllegung des Atomkraftwerks Fessenheim ein. Die Auszeichnung würdigt Waechter als Persönlichkeit, die in vorbildlicher Weise ökologisch fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse in die Politik einbringt.

Im Zentrum der Veranstaltung standen neben der Preisverleihung Vorträge zum Thema "Herbert Gruhl und seine Bezüge zu christlichen Denkern" sowie ein Ausflug ins Elsass. Nach der Eröffnung durch den Vorsitzenden der HGG, Volker Kempf, hieß Bürgermeister Oliver Rein die Tagungsteilnehmer in der Europastadt Breisach willkommen. Er blickte auf die Geschichte der Stadt zurück und stellte dabei den Bezug zu Frankreich, dem Heimatland Waechters, her.

In der anschließenden Laudatio auf Waechter würdigte Heinz-Siegfried Strelow, der ehemalige Vorsitzende der HGG, den Einsatz des Preisträgers für die Bewahrung der Natur. Strelow ging in einem Rückblick auf die Entwicklung der grünen Parteien in Europa ein und zog dabei Parallelen zwischen Deutschland und Frankreich, denn in beiden Ländern wurden die ursprünglich bürgerlich-wertkonservativen Parteien durch linksalternative Kräfte übernommen.

Waechter, so Strelow weiter, sei ebenso wie Herbert Gruhl, der 1993 verstorbene Mitbegründer der Grünen, als Natur-Konservativer an zu sehen. Strelow verwies auch noch auf weitere Ähnlichkeiten im Wirken dieser beiden Politiker. So haben sowohl Waechter als auch Gruhl aufgrund von Differenzen die Grünen verlassen und andere Parteien mitbegründet: Gruhl die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) in Deutschland, Waechter die Mouvement écologiste indépendant in Frankreich.

Strelow ging auch auf die Biografie Waechters ein, der sich seit seiner Jugend für den Naturschutz stark macht und in seiner politischen Laufbahn mehrere Erfolge bei Regional- und Europawahlen vorweisen kann. 1988 war er Präsidentschaftskandidat der Grünen.

Waechter, so betonte der Redner, sei nicht Umweltpolitiker, sondern Ökologe, der ebenso wie Gruhl Anthropozentrismus, also den Menschen als Zentrum der Natur, und Globalisierung kritisiere.

Außerdem stehe auch für Waechter die Ökologie an erster Stelle, weshalb er weder dem linken noch dem rechten politischen Spektrum zugeordnet werden könne.

Waechter dankte der HGG für die Ehrung und erinnerte an die deutsch-französische Bewegung in Marckolsheim und Wyhl. Er betonte in seiner Ansprache, dass die Ausbeutung der Erde durch wachsende Bevölkerungszahlen und materielle Ansprüche in den kommenden Jahren zunehmen werde. Man könne beispielsweise den steigenden Lebensstandard in Schwellenländern und die damit verbundene Lebensmittel- und Energieversorgung nur durch die Zerstörung der Natur sichern.

Diese Probleme, so Waechter, können nicht allein durch technische Entwicklungen gelöst werden. Vielmehr forderte er die Politiker auf, die Ökologie und den Wert der Natur mehr in politische Überlegungen einfließen zu lassen, damit nicht irgendwann die Menschheit allein auf einem Planeten ohne Vögel, Blumen und Bäumen — ohne Schönheit — leben.

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