Badische Zeitung vom Montag, 17. Dezember 2007

Die Nordwestschweiz plant neue Atomkraftwerke
Gösgen, Beznau und Mühleberg als Standorte im Gespräch / Studie zur Erdbebensicherheit von Fessenheim sorgt in Basel für Unruhe

Von unserer Korrespondentin Andrea Drescher

BASEL. Nachdem die politischen Zeichen in der Schweiz auf Grün stehen, haben dort mehrere Stromkonzerne begonnen, neue Kernkraftwerke für die bisherigen Standorte Gösgen, Beznau und Mühleberg zu planen. In Basel dagegen beunruhigt eine Expertise über die Erdbebensicherheit des Meilers in Fessenheim die Regierung. Die von den Kantonen Basel-Stadt und Jura in Auftrag gegebene Studie ergab, dass die Erdbebengefährdung beim Bau der Anlage unterschätzt wurde.

In der Expertise geht es um die Erdbebensicherheit im Oberrheingraben. Nach Ansicht der Experten wurde das Risiko schon bei der AKW-Planung unterschätzt, und bei der Betreiberin von Fessenheim sei dies noch immer der Fall. Allerdings könne gestützt auf Erfahrungen davon ausgegangen werden, "dass die effektive Erdbebenresistenz von Kernkraftwerken im Allgemeinen größer ist, als bei deren Errichtung vorgeschrieben wurde". Dennoch wollen die zwei Regierungen von Basel und Jura, dass die Gefährdung in Fessenheim "gemäß heutigem Kenntnisstand neu bewertet sowie die Erdbebenresistenz dieses KKW überprüft werden".

Anders als in Basel, wo der Bau neuer Kernkraftanlagen verboten ist, haben sich die Nordwestschweizer Nachbarn Aargau und Solothurn als Standorte für neue Atommeiler angeboten. Drei große Energieversorger planen bereits: Während Atel an einer Vorstudie für Gösgen in Solothurn arbeitet, haben die Unternehmen Axpo und BKW eine gemeinsame Gesellschaft gegründet, die zwei Meiler an den Standorten Beznau im Aargau und Mühleberg bei Bern plant. Diese sind als Ersatz der dort betriebenen Anlagen gedacht, weil deren Betriebsbewilligungen 2020 ebenso auslaufen wie die Stromlieferverträge mit Frankreich.

Die mit der Planung der zwei Meiler beauftragte neue Resun AG mit Sitz in Aarau soll Ende 2008 die Bewilligungsgesuche einreichen. Bei positiver Berechnung des Zeitplans müsste der Bundesrat 2009 darüber entscheiden, das Parlament 2010 und das Volk 2012. Ähnlich müsste auch Atel kalkulieren.

Der Energieversorger ist von der Konkurrenz bereits angefragt worden, ob er sich nicht auch in Beznau und Mühleberg beteiligen möchte. Axpo und BKW suchen weitere Träger für die atomare Stromproduktion wie industrielle Endabnehmer oder Staatsbetriebe.

Die Schweizer Allianz Stopp Atom, in der sich etliche Umweltschutzverbände, kirchliche und Friedensgruppen sowie Sozialdemokraten, Grüne und das Nordwestschweizer Aktionskomitee gegen Atomkraftwerke zusammengetan haben, hat bereits Widerstand gegen den Bau neuer Atomkraftwerke angekündigt mit dem Ziel, dass sich das Volk dagegen ausspricht. Die Atomenergie sei eine Technologie mit gewaltigen Risiken und zudem gesundheitsgefährdend, kritisiert das Bündnis. Dabei bezieht es sich auf die jüngst veröffentlichte Studie der deutschen Strahlenschutzbehörde, nach der Kleinkinder, die in der Nähe von Atomkraftwerken leben, deutlich häufiger an Leukämie erkranken als andernorts.

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