Öffentliche Sitzung des Ortschaftsrats
Aktenvermerk zu Top 2: Information über die Situation der Abwasserleitung Merdingen - Niederrimsingen - Klärwerk Grezhausen, Staufener Bucht
Datum: 27.11.2002
Ort: Gemeindesaal Niederrimsingen
Anwesende:
Ortsvorsteher: Erhard Bucher, Sitzungsleiter
Ortschaftsräte: Andrea Biehler, Tobias Ehret, Lorenz Federer, Edwin Gippert,
Konrad Gippert, Wendelin Hintereck, Gustav Rosa
Protokollführer: Joachim Mertins
Gäste: Horst Wolf - Stadt Breisach, Klaus Kasse - Abwasserzweckverband (AZV)
Presse (Badische Zeitung): Markus Hönig
Zuschauer: 20 BürgerInnen
Sitzungsleiter und Ortsvorsteher
Erhard Bucher eröffnet das Thema mit einem Rückblick über die vergangenen
Ereignisse. Schon vor dem Bau der neuen Leitung seien Bedenken geäußert
worden, dass mit dem Anschluss der einwohnerstarken Gemeinde Merdingen die
Kapazität der örtlichen Kanalisation überlastet werden könnte. Man habe zur
Klärung dieser Frage Fachleute herangezogen. Sowohl der AZV, Herr Kasse, wie
auch die Stadt Breisach, Herr Wolf, hatten Berechnungen vorgelegt und
zugesichert, dass auch nach dem Anschluss für Niederrimsingen genügend
Reserven bereit stehen, um auch in Zukunft noch den Anschluss künftiger Baugebiete zu ermöglichen.
Das Problem der Geruchsentwicklung sei auch angesprochen, jedoch nicht vertieft
worden. Nun würde aber gerade der unerträgliche Gestank die Bürger belasten.
Der jetzige Zustand sei untragbar.
Herr Bucher reichte das Wort an Herrn Kasse weiter, mit der Bitte
Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen und auch Angaben zur Kapazität des
Leitungsnetzes zu machen.
Herr Kasse äußerte sein Bedauern
über den lückenhaften Kontakt und den mangelhaften Informationsfluss. Er
bestätigte, dass in der Sitzung vom 14.09.2000 Bedenken geäußert worden waren
und bekräftige die Zusage zu seinen damals gemachten Äußerungen. In der
Planungsphase sei das "Geruchsproblem" erkannt und analysiert worden.
Dabei hätte es unterschiedliche Aussagen der befragten Planer gegeben.
Das Pumpwerk sei so ausgelegt, dass Geruchsprobleme wirksam bekämpft werden
können. Noch stünde das Projekt in einer Phase der Übergangslösung, bis die
Baumaßnahmen in Merdingen beendet sind.
An drei Stellen wurden über einen Zeitraum von 14 Tagen Messungen der
Geruchsentwicklung durchgeführt. Die Ergebnisse sind erfasst und ausgewertet
worden. Parallel dazu wurden auch die hydraulischen Verhältnisse festgestellt.
Als Ursache für die unerwartet starke Geruchsbelastung führte Herr Kasse die
ungünstige Witterung und die jahreszeitlich bedingte Zusammensetzung der
Abwässer (Weinlese) auf.
Herr Kasse zog das Resümee, dass Planung und Ergebnis nicht übereinstimmen.
Man müsse jetzt die Planung den aktuellen Gegebenheiten anpassen. Dazu habe man
ein Ingenieurbüro aus Ulm beauftragt, ein neues Konzept aufzustellen. Der
Bericht dieses Büros sei an diesem Tag eingetroffen und bestätige die
Wirkungslosigkeit der bisher getroffenen Maßnahmen. Die neue Lösung soll nun
beim Bau der neuen Pumpstation in Merdingen berücksichtigt und in die laufenden
Baumaßnahmen eingebracht werden.
Damit würde der AZV sein Versprechen einhalten und alle bestehenden Probleme
lösen.
Aus den Reihen der empörten Zuschauer kam ein Zwischenruf: Es sei unerhört, wie offensichtliche Planungsfehler jetzt schön geredet werden.
Paul Figlestahler ergriff spontan das Wort. Er sprach die mit dem Neubau verbundenen Kosten an, lastete die Planungsfehler dem Zweckverband an und kritisierte die Trassenführung.
Erhard Bucher unterbrach den aufgebrachten Besucher mit dem Hinweis: Zuerst habe der Ortschaftsrat das Wort.
Edwin Gippert beschwerte sich, wir alle seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden.
Horst Wolf griff beschwichtigend ein: Merdingen und nicht Herr Kasse habe über den Bau entschieden.
Wendelin Hintereck stellte die Frage, warum nicht schon vorher Fachfirmen eingeschaltet worden waren. Auch sei die Informationspflicht über Probleme in der Zwischenphase nicht wahrgenommen worden.
Gustav Rosa wunderte sich, wieso es (trotz der verbindlichen Zusage vom 14.09.2000) möglich war, dass Fehlfunktionen im Kanalnetz nicht rechtzeitig erkannt wurden. Die Pumpstation am Ortseingang von Oberrimsingen würde bei Überlastung oder Ausfall zwar Alarm schlagen. Wenn aber - wie am 27.07.02 geschehen - eine Defekt in der Rohrleitung den Rückstau der Abwässer bewirkt, dann müssen erst die Rückstauklappen der Hausanschlüsse Warnsignale ausstrahlen. Man hätte merken müssen, dass die Pumpen still stehen, weil kein Abwasser mehr ankam. Auch in dem Kontrollschacht, wo die Druckleitung in das offene System einmündet, und wo sich die Abwässer ebenfalls meterhoch angestaut hatten, wurde kein Signal nach Merdingen gesendet, den Pumpbetrieb einzustellen. Letztendlich hätte im Klärwerk der beträchtlichen Rückgang der ankommenden Abwassermengen auffallen müssen.
Erhard Bucher sprach den desolaten Zustand der Leitung in Oberrimsingen an und stellte die Frage, warum die Ortsverwaltung diesbezüglich nicht informiert worden war.
Andrea Biehler wollte wissen, wann die endgültige Lösung da sein werde. Sie bohrte eindringlich nach: "Wann hört es in Niederrimsingen auf zu stinken?"
Herr Kasse äußerte sich sehr ausweichend zu den erhobenen Vorwürfen. Das Alarmsystem sei neu überarbeitet worden und seit ca. 14 Tagen im Einsatz. Der Unterhalt der Hauptleitung obliege nicht dem AZV. Diese sei vor zwei Jahren aufwendig saniert worden.
Gustav Weber sagte aus, er habe der Firma, die die Videokontrolle gemacht hat, über die Schulter sehen dürfen und dabei gravierende Schäden im Rohrnetz beobachtet.
Herr Wolf sicherte - auf Drängen und mehrfaches Nachfragen - zu: "Die Abwasserleitung zwischen Nieder- und Oberrimsingen ist 100% funktionstüchtig."
Herr Kasse merkte an, die Gemeinde Merdingen würde mit eigenem Planungs- und Baubüro die Pumpstation errichten. Somit habe weder der AZV noch die Stadt Breisach direkten Einfluss auf den Fortschritt der Bauarbeiten. Er schätzte, dass diese in ca. 1 - 2 Monaten abgeschlossen sein dürften.
Herbert Clemens kritisierte den
Ablauf der Vereinbarungen und Verträge, sowie den gesamten Planungsverlauf. Er
wunderte sich, dass offensichtlich keine (oder aber sehr mangelhafte)
Grundlagenermittlung erfolgt war. Man habe die Ausführung durchgeführt, ohne
die Konsequenzen zu kennen.
Kritische Fragen wurden bezüglich der Übernahme der Hauptleitung aus dem
Besitz der Stadt Breisach zum AZV gestellt.
Herr Wolf entgegnete, die Grundlagenermittlung sei während der Aufstellung des Flächennutzungsplans von Merdingen gemacht worden. Die Übernahme der Hauptleitung durch den AZV sei kostenlos vonstatten gegangen. Viele Problem in der Ortskanalisation stammen von Fehleinleitungen nicht vorschriftsmäßig erfolgter Hausanschlüsse.
Erhard Bucher griff den Vorschlag, bezüglich der weiteren Vorgehensweise mit der Gemeinde Merdingen direkten Kontakt aufzunehmen, dankbar auf.
Konrad Gippert meinte, dies solle schriftlich geschehen.
Dem stimmte Erhard Bucher zu und bat Herrn Wolf, ein entsprechendes Schreiben aufzustellen.
Niederrimsingen, den 28.11.2002 - Gustav Rosa